Mentale Gesundheit am Arbeitsplatz – was Mitarbeitende und Arbeitgeber tun können

Mentale Gesundheit am Arbeitsplatz

Der Ukrainekrieg, die steigenden Preise oder auch die Coronapandemie beschäftigen viele Menschen und haben einen Einfluss auf die mentale Gesundheit. Aufgrund dieser Umstände fällt es Mitarbeitenden vielfach fällt schwer, bei der Arbeit konzentriert zu bleiben und nicht die Motivation zu verlieren. Was können Mitarbeitende dagegen tun und wie können Arbeitgeber Mitarbeitende dabei unterstützen? Ein Interview mit Andrea Schwab und Elisa Höcke vom Beratungsunternehmen Movis.

Mathias Steger: Ist euch aufgefallen, dass bedingt durch die COVID-Pandemie und durch den Krieg in der Ukraine die mentale Gesundheit der Menschen in der Schweiz leidet?

Elisa Höcke: Wir erleben in Folge des Kriegs in der Ukraine eine grosse Betroffenheit. Der permanente Konsum von Nachrichten und Kriegsbildern — gepaart mit individuellen Ängsten — verursacht starke Belastungen.

Diese können sich unterschiedlich äussern: in körperlichen Symptomen, etwa Schweissausbrüchen, Herzklopfen, Atemnot, Magenschmerzen und Schluckbeschwerden. Aber auch als Beklemmungsgefühle, Konzentrationsschwierigkeiten, Motivationsverlust und Schlaflosigkeit. Auch die Pandemiesituation hat viele Menschen belastet. Auffallend war, dass das anfängliche Gefühl des «Wir packen diese Situation» immer mehr in Ermüdungs- und Erschöpfungszustände mündete. Zudem verstärkte die Pandemies die Stressbelastungen bei der Arbeit und im Privaten.

Wie unterstützt ihr als Beratungsunternehmen Einzelpersonen bzw. Unternehmen?

Andrea Schwab: Die Mitarbeitenden unserer Kundenfirmen können sich in der Regel direkt und ohne das Wissen und Einverständnis ihres Arbeitgebers an uns wenden. Wir bieten Kurzzeitberatungen an. Beratungen dauern bei uns in der Regel zwischen einer und acht Sitzungen. Diese sind anonym und vertraulich. Es kommt auch vor, dass Mitarbeitende durch Vorgesetzte oder HR für eine Beratung zugewiesen werden. Natürlich ist auch dann die Eigenmotivation zentral.

Ziel der Beratung ist immer, mit den Ratsuchenden Lösungen zu entwickeln, die neue Perspektiven eröffnen und ihnen Wege aufzeigen, die sie selbständig beschreiten können. Es geht meist darum, die eigenen Handlungsmöglichkeiten wieder zu erkennen und individuell stimmige Lösungen umzusetzen.

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Gibt es andere Themen, welche Menschen in der Schweiz aktuell sehr beschäftigen und einen negativen Einfluss auf die Gesundheit haben können?

Andrea Schwab: Neben allgemeinen Stresssituationen sind auch Konflikte in unseren Beratungen sehr häufig ein Thema. In unseren Beratungen gehen wir auf die individuellen Belastungen oder Ängste ein. Wir unterstützten die Ratsuchenden dabei, ihre eigenen Ressourcen zu aktivieren, die Selbstheilungskräfte zu stärken – und auch neue Strategien auszuprobieren. Dabei steht die Frage im Zentrum: «Wie gelingt ein guter Umgang mit belastenden Situationen?». Der Fokus liegt immer auf der psychosozialen Beratung. Bei körperlichen Symptomen raten wir zusätzliche ärztliche oder therapeutische Unterstützung zu holen.

Immer mehr Menschen begleitet ein Gefühl der Unsicherheit. Das erhöht die Belastungen im Alltag noch einmal erheblich. Wir spürten das während der Coronapandemie und sehen nun, dass der Krieg in Osteuropa dieses Gefühl nochmals verstärkt. Angst, Wut oder Ohnmachtsgefühle beeinträchtigen die mentale Gesundheit natürlich sehr. Wir versuchen, den Mitarbeitenden Raum zu bieten, um diese Gefühle mitzuteilen, abzuladen und zu reflektieren. Ziel ist, wie bereits gesagt, einen individuell stimmigen Umgang mit diesen Themen zu finden, das persönliche Wohlergehen zu fördern und die Handlungs- und Leistungsfähigkeit wieder herzustellen.

Der Austausch mit Kolleginnen und Kollegen ist ganz wichtig. Er hilft bei der Verarbeitung des Stresserlebens.

Gibt es Tipps für Menschen, die aufgrund des Krieges traurig und verzweifelt sind und denen es schwerfällt, sich bei der Arbeit zu motivieren?

Elisa Höcke: Häufig nehmen wir einen Mitteilungsdrang wahr. Deshalb ist der Austausch mit Kolleginnen und Kollegen ganz wichtig. Er hilft bei der Verarbeitung des Stresserlebens. Wir raten zudem bei der Arbeit regelmässig achtsame Pausen zu machen, um das akute Stresserleben zu unterbrechen und damit die Energie und Motivation erhalten bleibt. Zum Beispiel mit einer Atemübung oder etwas Bewegung, indem man etwa um den Block läuft oder im Treppenhaus einige Male auf und ab geht. Gegen Müdigkeit hilft es, das Fenster zu öffnen, sich einige Minuten zurückzulehnen, die Augen zu schliessen und tief zu atmen. Zudem sollten Hunger und Durst gestillt werden, um dem Körper weiteren Stress zu ersparen. Wir alle wissen instinktiv, dass das Lieblingsgetränk und -essen Balsam für unsere Seele ist.

Gibt es allgemeine Tipps für die mentale Gesundheit am Arbeitsplatz? Was können Mitarbeitende selbst tun, um sich in der Arbeit wohlzufühlen?

Elisa Höcke: Wir empfehlen ein achtsames Stressmanagement. Wir besprechen mit den Mitarbeitenden individuelle Strategien. Atemtechniken etwa sind ein hilfreiches Werkzeug, um akutes Stressempfinden und starke Emotionen zu regulieren. Und eben: Bewegung ist immer ein probates Mittel, um die primären Stresshormone Adrenalin und Cortisol abzubauen. Wenn davon dauerhaft zu viel ausgeschüttet wird, kommt es nämlich zu chronischem Stress, der nachhaltige Auswirkungen auf die Psyche und den Körper haben kann. In stressreichen Zeiten empfiehlt es sich also besonders, mehrmals pro Woche Sport zu treiben. Soziale Kontakte und Gespräche über die Belastungen sind ebenso wichtig. Auch sollten negative Emotionen durch möglichst viele Glücksgefühle kompensiert werden.

Balance ist der Schlüssel, um die aktuellen Zeiten psychisch und körperlich gesund zu meistern. Je grösser der Stress und die Belastung, desto mehr Ausgleich ist nötig. Unsere Empfehlung: Die eigenen Stressbewältigungsstrategien in einer Beratung bei der Movis reflektieren. Wir zeigen dann weitere Werkzeuge zum Stressabbau auf. Wenn die Belastung oder die Angstzustände sehr stark sind und über lange Zeit andauern, kann auch eine therapeutische Begleitung eine Entlastung bieten.

In stressreichen Zeiten empfiehlt es sich also besonders, mehrmals pro Woche Sport zu treiben. Soziale Kontakte und Gespräche über die Belastungen sind ebenso wichtig.

Was können Arbeitgeber tun, um für eine bessere mentale Gesundheit der Mitarbeitenden zu sorgen?

Elisa Höcke: Mentale Gesundheit beruht auf einem Zusammenspiel aus

  • Verstehbarkeit: die Aufgabe und deren Erfüllung ist geordnet, mehrheitlich vorhersehbar und erklärbar
  • Bewältigbarkeit: Schwierigkeiten sind lösbar und geeignete Ressourcen sind verfügbar und
  • Bedeutsamkeit: die Aufgabe erscheint sinnhaft. (Komponenten des Kohärenzgefühls nach Antonovsky)

Je unvollständiger dieses Zusammenspiel, desto herausfordernder ist ein gesundheitserhaltendes Arbeiten.  Eine wichtige Rolle spielen dabei die Führungskräfte. Diese sollten mit den Grundsätzen des «Gesund Führens» bekannt sein und danach agieren: Den Mitarbeitenden durch positive Selbstführung ein gutes Vorbild sein, durch Präsenz Interesse zeigen und aktiv zuhören, Mitarbeitende nach ihrem Potential einsetzen und dessen Entfaltung fördern, grösstmögliche Transparenz zu Zielen und Perspektiven bieten und ihnen Wertschätzung entgegenbringen.

Im Rahmen der Fachberatung unterstützt Movis auch Führungskräfte bei der Ausgestaltung einer gesundheitsfördernden Arbeitsumgebung.

Andrea Schwab ist als Beraterin in den Bereichen Mitarbeitenden- und Fachberatung, Case Management und Job Coaching bei der Movis AG tätig. Sie ist studierte Sozialarbeiterin mit mehrjähriger Erfahrung in der psychosozialen Beratung von unterschiedlichen Zielgruppen.

Elisa Höcke ist ebenfalls als Beraterin in den Bereichen Mitarbeitenden- und Elisa HöckeFachberatung, Case Management und Job Coaching bei der Movis AG tätig. Sie ist studierte Sozialarbeiterin mit mehrjähriger Erfahrung und diversen Weiterbildungen in der psychosozialen Beratung.

Die Movis AG ist ein Beratungsunternehmen, welches in den Bereichen Mitarbeitenden- und Fachberatung, Case-Management, Job Coaching sowie in der Beratung und Schulung zu Themen des betrieblichen Gesundheitsmanagements tätig ist. Sie ist externer Partner für Firmen in der ganzen Schweiz und Liechtenstein und berät Mitarbeitende, Vorgesetzte und HR zu betrieblichen, persönlichen, gesundheitlichen und finanziellen Themen – vertraulich und professionell.

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