Für den aktuellen Blogbeitrag habe ich mir einen Fall ausgedacht. Der Fall geht so: Sie sind auf der Suche nach einer Fachperson mit Erfahrung. Sie führen ab und zu Gespräche mit Interessierten, werden jetzt aber nicht überrannt mit Bewerbungen. Da flattert ein Dossier rein von einer Person mit viel Erfahrung, klaren Vorstellungen und einem CV, der insgesamt recht sympathisch wirkt. Sie stocken beim Geburtsjahr 1968 (ich rechne schnell nach für Sie… 57 Jahre). Was geht da bei Ihnen ab?
Perspektive 1
«Eine gefestigte Persönlichkeit», denken Sie. «Vielleicht zu gefestigt, lässt sich wahrscheinlich nichts mehr sagen. Erst recht nicht von der GenZ», ergänzen Sie gedanklich. «Und sicher zu teuer… wenn ich da nur schon an die PK-Beiträge denke. Wie flexibel ist die Person überhaupt noch, ich meine gerade jetzt, mit AI-Technologien und so…hmmm… und dann dauert die Einarbeitungszeit sicher viel länger. Vielleicht fällt die Person krankheitshalber vermehrt aus. Sowieso eigentlich passt es bei uns ja nicht. Nein, das passt nicht.» Ciao Dossier, hallo Bias-Falle.
Auch wenn die Konjunkturaussichten getrübt sind und wieder mehr Bewegung im Arbeitsmarkt herrscht, Mitarbeitende zu finden ist und bleibt schwierig und wird noch viel herausfordernder in Zukunft. Sicher, das Pensionsalter nach oben schrauben könnte eine unterstützende Massnahme sein. Aber dann braucht es doch die Unternehmen, die Personen im Herbst des Arbeitslebens, überhaupt anstellen! Da können wir uns diese Bias-Stimmen nicht erlauben. Lassen Sie mich die Gedanken zu dem oben skizzierten Fall umformulieren. Hier also zur zweiten Variante.
Perspektive 2
«Eine gefestigte Persönlichkeit», denken Sie. «Bringt einen Riesen-Erfahrungsschatz, das wird uns mehr Perspektiven in der Findung von Problemlösungen geben», fügen Sie gedanklich hinzu. «Ist sicher zwischenmenschlich gereift und kann Ruhe ins Team bringen. Wahrscheinlich zuverlässig und hat dank langjähriger Erfahrung besseren Umgang mit Stress- und Belastungssituationen. Getraut sich womöglich auch mehr zu sagen und könnte ein guter Sparring Partner für die vorgesetzte Person werden. Als Mentor:in vielleicht auch denkbar von jüngeren Mitarbeitenden. Es würde neuen Wind reinbringen in unser Team, das täte sicher gut. Ja, das könnte passen.»
Lassen Sie uns doch den Schritt zu Perspektive 2 machen, liebe Recruiter-Kolleg:innen. Denn wir haben hier den nötigen Einfluss, etwas zu verändern – und das nicht nur bei schwer zu besetzenden Stellen.
Ihre Claudine
Über Claudine Somazzi
Claudine ist Senior Talent Acquisition Partner bei JobCloud und bringt über 20 Jahre HR-Erfahrung in verschiedenen Branchen mit. Sie hat bereits mehrere Talent Acquisition Center aufgebaut, HR-Prozesse optimiert und bietet auch Interviewtrainings an. Claudine liebt den Austausch mit Menschen und das Entdecken von (noch verborgenen) Talenten. Bei JobCloud kennen wir sie als sehr ausgeglichene und empathische Persönlichkeit, ihre Nähe tut einfach gut.
Über die Serie
In dieser Serie teilen HR-Expert:innen von JobCloud alle drei Wochen ihre Perspektiven auf Themen, die sie in ihren Jobs beschäftigen. Sie basieren auf jahrelanger Erfahrung in HR wie der Rekrutierung und Mitarbeiterentwicklung.