Kann agile Führung motivieren?

Agile Führungsformen sind im Trend. Es gibt diesbezüglich sogar eigene Workshops für Unternehmende. Dabei stellt sich die Frage, ob sich die Anwendung der agilen Führungsmethoden auf die intrinsische Motivation der Mitarbeitenden positiv auswirken kann? Und funktioniert das auch in einem Betrieb, welcher kein supermodernes Start-up aus der IT-Szene ist?
Was bedeutet eigentlich agile Führung? Die agile Führung verlangt, dass starre Planungen aufgelöst und durch schlanke und überschaubare Planungs- und Umsetzungszyklen mit konkreten Ergebnissen ersetzt werden. Um schnell handeln zu können, wird interdisziplinär in kurzen Iterationen gearbeitet. Regelmässig werden Abläufe und Prioritäten kritisch hinterfragt. Auf veränderte Kundenwünsche oder Fehler wird schnell und nachhaltig reagiert. Führungspersonen werden zu Dienstleistern für die Mitarbeitenden. Vertrauens-, Fehler- und Lernkultur wird durch die Führungskraft gefördert.
Reed Hastings, der Gründer und Chef von Netflix, etwa besitzt kein eigenes Büro und andere Insignien der Macht, obwohl er zu den Grossen der Digitalisierung gehört. Er setzt sich zu seinen Mitarbeitenden, wo gerade ein Platz frei ist. Seine Führungskräfte agieren im Hintergrund, stellen Fragen und beauftragen ihre Teams mit der Suche nach Antworten. Sie ermuntern zum Selbstmanagement und zu freien Ideen. Die Fehler- bzw. Lernkultur wird gelebt, indem sich Vorgesetzte bei Fehlern reflektieren. Es wird über die Strategie und Ziele gesprochen und Kennzahlen werden vereinbart. Aufgaben werden klar festgelegt und Transparenz gefördert. Es wird das Bewusstsein geschaffen, worum es dem Unternehmen wirklich geht. Der Kunde steht im Mittelpunkt. So werden auch innovative Leute mit ihren Ideen nicht behindert, sondern sie dürfen wirken, sofern der Kunde das Resultat am Ende mag.
In der untenstehenden Tabelle wird ersichtlich, wie sich die Führung seit den 1950er Jahren verändert hat.

Führungsentwicklung
Quelle: Darstellung entnommen aus Grote & Goyk, 2017, S. 22

Unausweichlich stellt sich daher die Frage, wie sich ein so modernes Konstrukt auf die Mitarbeitenden auswirken kann. In der aktuellen Motivationspsychologie finden drei Anreizklassen mit folgenden Motiven am meisten Aufmerksamkeit:
Herausforderungen meistern, soziale Kontakte knüpfen und pflegen sowie andere Menschen beeinflussen oder beeindrucken.
Mitarbeitende können über die Befriedigung von Bedürfnissen oder über Anreize motiviert werden. Die Mitarbeitenden selbst sowie verschiedene Faktoren in der Umgebung sorgen für ein motiviertes Verhalten. Zu den äusseren und inneren Einflüssen gehören z.B. das Arbeitsumfeld, in dem Mitarbeiter tätig sind, Führung, die Mitarbeiter erleben, Teams, denen ein Mitarbeiter angehört, die Gestaltung der Arbeitsaufgaben, Ziele, die Mitarbeiter haben (oder nicht haben), Emotionen, die Mitarbeiter empfinden, Selbstwirksamkeit, die Persönlichkeit des Mitarbeiters, Regenerationsfähigkeit und einige mehr.
In Management begegnen Führungskräfte nicht nur den unterschiedlichen Motivatoren, sondern auch den individuellen Bedürfnissen der Mitarbeitenden und den verschiedenen Generationen. Steffen Laick, Leiter Recruitment bei EY, wurde in einem Interview dazu befragt, wie Arbeitgebende auf den sich abzeichnenden Generationenwandel reagieren. Seine Antwort darauf war, dass viele Unternehmen auf diesen Wandel reagieren würden, indem das Employer Branding mehr Gewicht erhalte und ganz bewusst nach passenden Mitarbeitenden gesucht würde. Bereits umgesetzte Massnahmen seien das Angebot von individuellen und flexiblen Arbeitslösungen wie zum Beispiel Teilzeitmodelle oder Kinderbetreuung. Vorteile durch die generationsübergreifende Mitarbeiterschaft seien die Entstehung von Diversity, Gleichstellungsabteilungen und Beauftragten für die Zusammenarbeit von Generationen. Es werden Workshops veranstaltet, um die Zusammenarbeit zu verbessern. Ein Lernfeld ist, dass die verschiedenen Generationen lernen müssen, die unterschiedlichen Arbeitsauffassungen zu akzeptieren.
Grosse Unterschiede bestehen zwischen den Generationen in punkto Motivation in Bezug auf die persönlichen Freiheiten und der Interpretation von Work-Life-Balance.
Grundsätzlich steht fest, dass alle Generationen unter Berücksichtigung der jeweiligen individuellen Bedürfnisse der Generationen und der Individuen selbst die Möglichkeit haben, nach agilen Methoden zu arbeiten und dabei sich selbst zu motivieren. Bedingung ist, dass alle Mitarbeitenden sich selbst auf diese Arbeitsweise einlassen und bereit sind, sich in ein Team einzubringen. Für die Führungskräfte bedeutet dies, dass sowohl eine sehr individuelle und doch klare Führung als auch das ständige Hinterfragen der eigenen Bedürfnisse nach Status und Macht für den Erfolg massgebend sind.
Für die Umsetzung von agilen Führungsmethoden muss nach Ansicht die Bereitschaft und tatsächliche Umsetzung der Managementebene vorhanden sein, um diese erfolgreich einzuführen und lebendig zu halten. Ein positives Arbeitsumfeld, Abwechslung in der Arbeit, klare und transparente Zielsetzungen, ein Sinn in der Tätigkeit, Anreize sowie Autonomie und Flexibilität fördern die intrinsische Motivation von Mitarbeitenden. Hinzu kommt die Berücksichtigung der individuellen Bedürfnisse der Mitarbeitenden in emotionaler Hinsicht und realistischer Machbarkeit der Aufgaben. Führungskräfte und Mitarbeitende müssen innerlich bereit sein, in agilen Strukturen arbeiten zu wollen. So könnte agile Führung gelingen und motivieren.

Sandro Pisaneschi ist Inhaber von beratungsbuffet.ch. Er begleitet Menschen in Veränderungssituationen und führt Outplacements mit Personen über 50 Jahre durch. Er berät Führungspersonen und Firmen in den Bereichen der Mitarbeiter- und Organisationsentwicklung.

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