Motivationsschreiben im Recruiting – Zukunft und Alternativen?

Zukunft des Motivationsschreibens

Motivationsschreiben im Recruiting – Zukunft und Alternativen?

Viele Unternehmen wünschen im Rekrutierungsverfahren nach wie vor explizit ein Motivationsschreiben. Dieser Vorgang sollte jedoch überdacht werden  – finde ich als HRM-Coach. Ausserdem gibt es Alternativen…

Was erwartet man von einem echten Motivationsschreiben?

Personaler werfen bei der Selektion einen erfahrenen Scanner-Blick auf die Unterlagen und beurteilen innert weniger Minuten*, ob es sich lohnt, die Unterlagen weiter zu prüfen oder bereits eine Absage zu schreiben. Das Motivationsschreiben soll dabei die Motivation, die Erfahrungen, die Kompetenzen und die Persönlichkeit des/der Bewerbenden darstellen. Als Personaler oder als Vorgesetzter kann man damit einen weiteren Einblick in die Person und ihre Individualität, erhalten. Persönlichkeit, authentischer Stil und Leidenschaft zum Beruf will erlesen werden.
* Das sind Ergebnisse der Studie „JobTrends 2017“. Für die Studie wurden knapp 300 Personalverantwortliche in Deutschland befragt.
Es ist eben unmöglich, nicht zu kommunizieren (Watzlawick). Ein erster Grundeindruck, der sogenannte „primacy effect“, entsteht hier. Damit ist nicht gemeint, dass Bewerbende in diesem Motivationsschreiben alle Stärken in den höchsten Tönen beschreiben sollen. Lesen will man jedoch, was diese Person in jeder einzelnen Station in seinem Lebenslauf lernen und mitnehmen konnte und dieses immer im Zusammenhang mit der Stelle, die angeboten wird. Man will hier die Anforderungen aus dem Stelleninserat bestätigt sehen.

Überbewertung des Motivationsschreibens

Nach über 20 Jahren im HR-Business habe ich dazu eine klare Haltung. Für mich ist der Lebenslauf das Wichtigste in einem Bewerbungsdossier. Denn hier erkenne ich, wie das Anforderungsprofil erfüllt wird oder nicht. In Motivationscheiben jedoch stelle ich fest, dass Stellensuchende in Bewerbungskursen des RAV auf gute, vielfältige und ansprechende Schreiben geschult werden. Immer mehr Bewerbenden besuchen vorher ein Karrierecoaching. In diesen intensiven Schulungen erlernen sie, wie sie sich attraktiv und ansprechend auf dem Arbeitsmarkt verkaufen können.

Ich plädiere daher für eine ganz andere Möglichkeit: das Motivationsvideo.

In meiner Erfahrung legen die Vorgesetzten eher einen grösseren Wert auf das Motivationsschreiben als auf den Lebenslauf. Obwohl sich der Lebenslauf mit dem vom Vorgesetzten erstellten Anforderungsprofil so gar nicht deckt, ist die Begeisterung über das Schreiben oft so gross, dass die Person eingeladen wird.  Das böse Erwachen folgt dann im Bewerbungsgespräch. Bereits bei der Begrüssung spürt man, dass der/die Bewerber(in) so ganz anders auftritt, als er/sie das Motivationsschreiben angekündigt hat. Von dem ach so kreativen, wortgewandten Kandidaten ist im Bewerbungsgespräch nichts mehr zu spüren.

Motivationsvideo als neue Möglichkeit

Im Internet gibt es unzählige Möglichkeiten, sich sein persönliches Motivationsschreiben erstellen zu lassen. Ich plädiere daher für eine ganz andere Möglichkeit: das Motivationsvideo. Dies ist eine neue, zeitgemässe Bewerbungsform, welche im Unternehmen einen schnelleren Auswahlprozess vorantreibt. Gerade in der Vorselektion bringt dieses enorme Erleichterung. Personalentscheider erhalten schneller ein ganzheitliches Bild der Bewerbernden. In wenigen Minuten können der Film angesehen und die „soft facts“ wahrgenommen werden. Gleich zu Beginn des Rekrutierungsprozesses kann damit einen weiteren Teil der Persönlichkeit der betroffenen Person aufgenommen werden.
Der Lebenslauf gibt weiterhin die faktenbasierenden Informationen (Ausbildungen, Erfahrungsjahre etc.) bekannt. Wenn ein(e) Bewerber(in) im Motivationsschreiben schreibt: „Ich bringe ausgezeichnete Kommunikations- und Präsentationsfähigkeiten mit“, ist das ein Selbstbild – verbunden mit einer Eigenwahrnehmung. Ein Motivationsvideo übermittelt jedoch den Entscheidungsträgern bereits beim ersten Zuschauen die Authentizität dieser Aussage. Ob KMU oder Grosskonzern – bieten Sie den Bewerbenden die Option, ihre Motivation in einem Video statt in ein Schreiben zu zeigen.
Es ist selbstredend, dass dies zum Unternehmensimage und zur ausgeschriebenen Stelle passen muss. Bewerbende können ihre Motivation in ein bis zwei Minuten präsentieren – Lebendige Kurzvideos statt langweilige Motivationsschreiben zeigen die Bewerbenden vielschichtiger und authentischer. Bereits heute filmen Personalberater ihre Kandidaten kurz und geben diese Videosequenz an ihre Auftraggeber weiter.

Video nicht für jedermann – aber welches Unternehmen will schon jedermann einstellen?

Sich filmen zu lassen ist gewohnheitsbedürtig, aber sich zu bewerben heisst auch, sich zu verkaufen. Vor einigen Jahren empfand ich die Filmsequenz als Bewerberin unangenehm. Damals wurde ich für eine Kaderstelle im HR rekrutiert. Der beauftragte Head Hunter schickte dem Kunden grundsätzlich den Lebenslauf und das Motivationsvideo als erstes zu. Damals befremdete mich der Prozess, da er mir ungewohnt war. Heute bin ich von dem Vorgehen begeistert. Als Personalerin schätze ich den visuellen, auditiven Eindruck mehr als den geschriebenen. Wir leben und entscheiden mit allen Sinnen. Was spricht dagegen, bereits in einem Bewerbungsprozess die visuellen und auditiven Eindrücke schon frühzeitig hinzuzunehmen? Das Motivationsvideo ist heute sicher nur bei extrovertierten Funktionen einsetzbar, wird aber schon in zehn Jahren zum Standard HR-Prozess gehören.

Motivationsschreiben als Zeitverschwendung?

Bewerbende einzuladen, die auf dem Papier inhaltslose Aussagen, leere Worthülsen, eine falsche Wortwahl und unlogischen Aufbau durch einen Fachmann umgehen, sind für mich reine Zeitverschwendung. Absagen tun immer weh, wenn die Bewerbung aufrichtig war und echtes Interesse erfolgte.
Solange jedoch ein derartiger Fachkräftemangel herrscht, werden Unternehmen die Bewerbungsform annehmen müssen, die der Bewerber einreicht. Gerade introvertierte Fachspezialisten lassen sich auf diese trendige Form ungern ein. Daher sollte das Motivationsvideo nur eine Option sein – kein Muss.
Egal, ob schriftlich oder per Videobotschaft, wählen Sie die richtige Methode, die zur Stelle und zu Ihrem Unternehmen passt. Viel Erfolg!

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