Faire Entlöhnung dank Lohnbändern – (k)ein Thema?

Um Lohndiskriminierung zu unterbinden, werden oft Lohnbänder als Möglichkeit genannt. Doch was sind Lohnbänder genau und wie funktionieren sie? Bilden sie ein effizientes Mittel gegen Lohndiskriminierung in Unternehmen? Wir haben Clemens Becker von klingler consultants in einem Interview zum Thema befragt.

Mathias Steger: Viele Unternehmen arbeiten mit Lohnbändern. Was sind Lohnbänder genau?

Clemens Becker: Für ein erfolgreiches Personalmanagement ist es wichtig, ein klares Verständnis der relevanten Funktionen des jeweiligen Unternehmens zu haben. Hierzu wird üblicherweise eine Funktionsbewertung vorgenommen. Eine Funktionsbewertung schafft als normiertes Regelwerk eine Vergleichbarkeit zwischen Funktionen und Organisationseinheiten nach einem einheitlichen, nachvollziehbaren Massstab. So entsteht eine gemeinsame Basis für diverse personalpolitische Entscheide.
Anhand der im Rahmen der Funktionsbewertung erarbeiteten Funktionslandschaft ist für jede Funktion klar definiert, welche Anforderungen und Kompetenzen benötigt werden. Ein (Funktions-)Lohnband definiert die Mindest- und Maximalvergütung einer Funktion im Unternehmenskontext. Alle Personen im Unternehmen sollten innerhalb einer Funktion ähnlich bezahlt sein, was zu einem hohen Commitment und zu einer gefühlten Lohnfairness beitragen kann.

Sind Lohnbänder an einzelne Stellen oder an ganze Abteilungen gebunden? 

Man definiert für jede Stelle ein (Funktions-)Lohnband. Innerhalb einer Funktionsfamilie, also eine Reihe von Funktionen mit einem hohen «Verwandtschaftsgrad» z.B. Finance, Sales oder HR-Funktionen, sind diese aufeinander abgestimmt.

Gelten die Lohnbänder innerhalb einer Branche?

Nein, die Lohnbänder werden im jeweiligen Kontext des Unternehmens definiert. Es gibt verschiedene Elemente, welche die Lohnbänder mitbeeinflussen. Es kommt auf die aktuelle Vergütung des Unternehmens, den Markt, die Region, die Grösse des Unternehmens und auch auf dessen Lohnphilosophie sowie bestimmte Benefits an.

Wie definiert man als HR-Fachperson Funktionslohnbänder ?

Nach der erarbeiteten Funktionslandschaft ist für jede Funktion klar definiert, welche Anforderungen und Kompetenzen benötigt werden. Nun können die Mitarbeitenden den Funktionen zugeordnet werden, welche hinsichtlich Aufgaben, Verantwortlichkeiten, Fach- und beruflichen Kenntnissen als auch berufsrelevanter Erfahrung (= sog. Soll-Profil) klar differenziert sind. Im Anschluss kann für jede Funktion bzw. Funktionsfamilie ein spezifisches Lohnband mit einem Minimum und Maximum erarbeitet werden, wobei sowohl die aktuelle Vergütungssituation der Mitarbeitenden als auch externe Marktbegebenheiten zu berücksichtigen sind.
Nach der Definition der Lohnbänder erfolgt nun der Abgleich der Fähigkeiten und Kompetenzen des jeweiligen Mitarbeitenden (unabhängig von Geschlecht oder Alter) mit dem Soll-Profil der Funktion. Dies ermöglicht eine systematische Beurteilung des Erfüllungsgrads des Mitarbeitenden (Kompetenzmatch). Anhand des Erfüllungsgrads des Mitarbeitenden kann nun eine nachvollziehbare und faire Positionierung im Lohnband vorgenommen werden. Interne Marktvergleiche (Peervergleiche) sind dabei unbedingt vorzunehmen.

Gibt es bei Lohnbändern dennoch Verhandlungsspielraum im Lohnsystem?

Der grosse Vorteil von korrekt definierten Lohnbändern ist, dass keine Verhandlungen mehr stattfinden müssen. In Abhängigkeit der verlangten Kompetenzen befinden sich die Kandidaten entweder im unteren, mittleren oder oberen Drittel des Lohnbandes. Es gibt also nur einen sehr kleinen Spielraum. Verhandlungen begünstigen übrigens die Lohndiskriminierung, weil es beim Verhandeln Verhaltensunterschiede zwischen den Geschlechtern gibt oder ausländische Arbeitnehmer oftmals nicht wissen, wie die Lohnverhältnisse in der Schweiz sind.

Was sind die Faktoren, ob man innerhalb eines Lohnbandes unten oder oben angesiedelt wird?

Dies hängt vom sogenannten Kompetenzmatch ab: Je mehr der Mitarbeiter die im Funktionsprofil geforderten Kompetenzen erfüllt bzw. die notwendigen Fähigkeiten für die erfolgreiche Ausübung der Funktion mitbringt , umso höher sollte er im Lohnband angesiedelt werden.

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Was sind die Vor- und Nachteile von Lohnbändern in der Schweiz?

Funktionslohnbänder

  1. schützen somit neue, unwissende Mitarbeitende mit zu tiefen Lohnforderungen, garantieren eine gewisse Konsistenz pro Funktion und definieren klare Obergrenzen.
  2. Mittel- und langfristig wird zudem die interne Lohnfairness sichergestellt.
  3. Aber auch einer möglichen Unzufriedenheit der Mitarbeitenden wird vorgebeugt, die eintreten kann, wenn grosse Differenzen innerhalb einer Funktion, beziehungsweise unter vergleichbaren Funktionen sichtbar werden. Somit dienen Funktionslohnbänder auch einer gewissen Risikominimierung für das Unternehmen.
  4. Schliesslich können durch die Festlegung von Lohnbändern, welche dem internen und externen Vergleich standhalten und eine Lohnentwicklung auf Basis des Kompetenzerfüllungsgrades ermöglichen, die verfügbaren Mittel bedarfsgerecht eingesetzt werden und die interne (Vergütungs-) Fairness nachhaltig gefördert werden.
  5. Erfolgskritische Funktionen können identifiziert und die für das Unternehmen relevanten Kompetenzen gezielt entwickelt werden.
  6. Mitarbeitenden können nachvollziehbar Entwicklungsperspektiven innerhalb der Unternehmensorganisation aufgezeigt und somit langfristig an das Unternehmen gebunden werden.

Ein Nachteil von Lohnbändern ist, dass man sie ca. alle fünf Jahre aktualisieren muss. Ausserdem bringen Lohnbänder nichts, wenn sie zu breit definiert werden. Sie sind kein Allheilmittel, aber ein wichtiger Baustein für eine nachhaltige Personalpolitik. Führungsqualitäten, Unternehmenskultur, interne Entwicklungsmöglichkeiten oder eine funktionierende Kommunikation sind Elemente, die genauso wichtig sind.

Wie lange braucht es für einen erfolgreichen Übergang zu Lohnbändern?

Das hängt davon ab, wie massiv die Ungleichheiten im Unternehmen sind. Die Umstellung kann zwei oder auch fünf Jahre dauern. Es ist auch eine Frage, wie aggressiv man die Lohnpolitik durchsetzen möchte und vom Budget her auch kann. Wenn gewisse Mitarbeitende für mehr Lohngerechtigkeit auf einmal um einiges mehr verdienen müssen, muss auch erst das Geld dafür vorhanden sein.

Sollen Lohnbänder transparent an Jobsuchende und Mitarbeitende kommuniziert werden?

Ich würde eher kommunizieren, dass es Lohnbänder gibt und den Mitarbeitenden erklären, wie diese funktionieren und aufgebaut sind. Ich würde jedoch nicht mit den Zahlen ins Detail gehen oder gar die Lohnbänder ans schwarze Brett im Unternehmen hängen.

Wie verbreitet sind Lohnbänder derzeit in der Schweiz?

Lohnbänder werden bereits häufig eingesetzt. Die Frage ist mehr, wie konsistent sie angewendet werden. Ausserdem haben noch viele Unternehmen einen Mangel an Marktdaten. Ohne diese können keine nachhaltig ausgestalteten Lohnbänder definiert werden. Es liegt daher im Verantwortungsbereich der Personalabteilung am Ball der Zeit zu bleiben.
C.Becker
Clemens Becker ist Vergütungsexperte bei klingler constultants. klingler consultants bietet Dienstleistungen in den Bereichen Vergütungsstrategie, Marktpositionierung und HR-Management an. Neben Gehaltserhebungen und -vergleichen erarbeitet klingler consultants

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