In einer zunehmend polarisierten gesellschaftlichen Stimmung, wie wir sie gerade weltweit erleben, werden Schlagworte wie Diversität und Inklusion oft ohne klare Definition oder Kontext verwendet. Arbeitgeber sollten – insbesondere in einem hoch qualifizierten und globalisierten Markt wie der Schweiz – über reine Checkbox-Initiativen hinausgehen und hinterfragen, was diese Konzepte wirklich bedeuten. Und warum sie wichtiger sind denn je.
Worüber sprechen wir eigentlich?
Diversity, Diversität, Vielfalt bedeutet Repräsentation: Teams aufzubauen, die ein breites Spektrum an Hintergründen, Identitäten, Erfahrungen und Weltanschauungen widerspiegeln. Dazu gehören Geschlecht, Alter, ethnische Zugehörigkeit, sexuelle Orientierung, Behinderung, Neurodiversität und vieles mehr.
Bei Inklusion geht es darum, sicherzustellen, dass diese unterschiedlichen Stimmen gehört, geschätzt und gestärkt werden, damit sie einen Beitrag leisten können. Es geht nicht nur darum, wer eingestellt wird, sondern auch darum, wer befördert wird, wer gehört wird und wer sich zugehörig fühlt.
Doch Vielfalt und Inklusion greifen zu kurz, wenn Gerechtigkeit fehlt, sprich die Systeme und Strukturen, die sicherstellen, dass alle Menschen eine faire Chance haben, unabhängig davon, ob sie an derselben Startlinie stehen oder nicht. Inklusion ohne Gerechtigkeit birgt die Gefahr, dass unter einem neuen Banner die gleichen alten Ungleichgewichte verstärkt werden.
Viele Menschen lassen sich nicht in eine Schublade stecken, und inklusive Kulturen müssen sich mit überlappenden Identitäten auseinandersetzen, nicht nur mit einzelnen Kategorien. Beispielsweise kann jemand am Arbeitsplatz sowohl neurodivergent und queer sein oder sich als Frau mit dunkler Hautfarbe in einer von Männern dominierten Branche behaupten müssen. Diese verschiedenen Ebenen sind wichtig.
Die globale Gegenreaktion – und die lokalen Auswirkungen
Vielleicht haben Sie die Schlagzeilen bemerkt: Grosse US-Unternehmen rollen ihre DEI-Programme (DEI steht für Diversity, Equity and Inclusion) zurück, kürzen Budgets oder lösen sogar ganze interne Abteilungen auf. Politischer und rechtlicher Druck in Bundesstaaten wie Florida und Texas hat Inklusion zu einem Brennpunkt im Kulturkampf gemacht.
Dies hat viele Expert:innen weltweit zu der Frage veranlasst: Ist DEI noch relevant? Sollten wir uns ebenfalls zurückziehen?
Aber hier ist der Punkt: Im Schweizer und europäischen Kontext ist dies nicht der Moment, sich zurückzuziehen, sondern der Moment, eine Führungsrolle zu übernehmen. Während die USA mit Gegenreaktionen zu kämpfen haben, haben Schweizer Unternehmen die Chance, ihre eigene Geschichte zu schreiben: eine Geschichte, die auf Fakten, Pragmatismus und langfristigem Denken basiert.
Warum sollte das Arbeitgeber interessieren?
Neben ethischen, gibt es starke wirtschaftliche Argumente:
Unternehmen mit einem besonders hohen Anteil an Frauen in Führungspositionen haben eine um 39 % höhere Wahrscheinlichkeit, überdurchschnittlich profitabel zu sein. [McKinsey, 2023].
Unternehmen mit einer inklusiven Kultur verzeichnen einen 2,3-mal höheren Cashflow pro Mitarbeitenden. [Deloitte, 2023].
In der Schweiz geben 52 % der Generation Z und der Millennials an, dass sie sich nicht bei einem Unternehmen bewerben würden, welches keine klaren Werte in Bezug auf Inklusion und Nachhaltigkeit vertritt [Deloitte Swiss Millennial Survey, 2024].
Kurz gesagt: Ihre D&I-Bemühungen sind kein Nebenprojekt. Sie sind Teil Ihrer Arbeitgebermarke, Ihrer Innovationsstrategie und Ihrer Fähigkeit, Top-Talente zu gewinnen und zu halten.
Von der Optik zur Aktion
D&I darf kein Feigenblatt sein. Ein Regenbogenlogo im Pride-Monat oder ein nettes Zitat zum Frauentag auf LinkedIn sind zwar nett – aber nicht genug. Wer überzeugen will – ob Bewerbende, Kund:innen oder Mitarbeitende – braucht Substanz.
Was können Sie also tun?
- Seien Sie ehrlich mit Ihren Daten: Wissen Sie, wie vielfältig Ihr Führungsteam wirklich ist? An welcher Stelle Ihres Einstellungsprozesses sinkt die Repräsentation?
- Überprüfen Sie Ihre Stellenanzeigen: Geschlechtsspezifische Formulierungen schleichen sich immer noch ein.
- Schulen Sie Ihre Führungskräfte: Inklusive Kulturen entstehen (oder zerbrechen) auf Teamebene.
- Verankern Sie es in KPIs: Was wichtig ist, muss gemessen werden. Von der Repräsentation in Führungspositionen bis hin zu Inklusionswerten in Mitarbeitendenbefragungen.
Und ja, rechnen Sie mit Widerstand. Nicht alle werden D&I sofort als „geschäftskritisch“ ansehen. Aber genau deshalb muss es nicht als moralische Verpflichtung, sondern als strategischer Hebel für Wachstum, Resilienz und Innovation verstanden werden.
Führen Sie mit Zuversicht
Bei Inklusion geht es nicht darum, politisch korrekt zu sein. Es geht darum, strategisch klug zu sein. Es geht darum, Arbeitsplätze zu schaffen, die widerstandsfähig, innovativ und bereit für die Zukunft sind. Definieren Sie als Arbeitgeber Ihre eigene inklusive Zukunft – mit Klarheit und ohne Verwirrung.