Hintergründe einer ungewöhnlichen Erfolgsgeschichte

Für den Realisator stand unser CEO Mark Sandmeier Red und Antwort. Hintergründe zu seinem Werdegang, zur Geschichte von jobs.ch und zu den Auswirkungen der Übernahme von Tamedia und Ringier erfahren Sie in diesem Interview.
Mark Sandmeier
Im Jahr 2000 liess sich Mark Sandmeier noch anstecken von der Startup-Euphorie der Zeit. Inzwischen gehört er zur erfolgreichen jüngsten Managergeneration der Schweiz. Der heute 40-jährige Vater von zwei Kindern und ausgebildete Kaufmann mit einem Executive MBA der Fachhochschule St. Gallen hat vorgeführt, dass unternehmerischer Mut sehr wohl mit nachhaltigen Resultaten einhergehen kann.
Hat er doch massgeblich dazu beigetragen, dass jobs.ch zum heute grössten Schweizer Stellenportal mutiert ist mit einem Umsatz von zuletzt über 46 Millionen Franken. Er war massgeblich daran beteiligt, dass jobs.ch bereits 2007 zu einem dreistelligen Millionenbetrag an international tätige Investoren und soeben erneut für 390 Millionen Franken an die Medienhäuser Tamedia und Ringier verkauft wurde. Heute beschäftigt das 1997 von Thomas Sterchi und Mathias Zimmermann in Bern gestartete Stellenportal, das auch in Österreich aktiv ist, inklusive der von den neuen Besitzern dazugekommen Plattformen jobup.ch, jobwinner.ch und ALPHA.CH 143 Mitarbeitende. Sandmeier, der als dritter Mitarbeiter in der Funktion des Marketingleiters bei jobs.ch seine Karriere gestartet hat, war zuvor Verkaufschef bei einem regionalen Fernsehsender.
Im legeren Outfit empfängt der ungewöhnlich offene Durchstarter den Realisator zum Gespräch über die seine Erfolgsfaktoren im Online-Business und den etwas anderen Stil im Umgang mit Mitarbeitern.
Realisator: Als Sie zu jobs.ch gestossen sind, haben Sie eine gute Stelle mit Führungsverantwortung für 10 Leute aufgegeben. Warum sind Sie das Wagnis eingegangen?
Mark Sandmeier: Mich hat die Idee des Aufbaus von etwas gänzlich neuen (eines Online-Stellenportals) interessiert, auch wenn ich damals neben den beiden Gründern, Thomas Sterchi und Mathias Zimmermann, erst der fünfte Mitarbeiter war. Und Sterchi hat mich damals auch von den in jobs.ch schlummernden Möglichkeiten überzeugt. So ist mir der Einstieg nicht schwer gefallen. Als ich dann zwei Jahre später die Firmenleitung übernahm, waren wir schon 14 Mitarbeiter und ich habe mich auch finanziell an der Firma beteiligt. Und diese Dynamik, die das Arbeiten ja erst spannend macht, haben wir beibehalten können und wuchsen bis heute jedes Jahr im Durchschnitt um rund 30 Prozent – und zwar nachhaltig.
Was waren für Sie wichtige Meilensteine?
Sicher gehört dazu die Entscheidung, die Plattform zu einer Job-Suchmaschine auszubauen. Das war um 2005. Wir wollten so etwas wie ein Google für Stellensuchende werden. Das Wagnis lag darin, dass wir uns damit ziemlich weit geöffnet haben und nicht wussten, ob unsere Kunden mitziehen würden. Zum Beispiel waren damit auch kostenlose Inserate möglich, was unser Geschäftsmodell hätte beschädigen können. Aber die Befürchtungen waren unbegründet, wie man weiss. Heute verteilen sich unsere aktuellen rund 28‘000 Inserate zu zwei Dritteln auf bezahlte und zu einem Drittel auf unbezahlte Inserate.
Wie wichtig war die Übernahme 2007?
Wir haben ja nicht aktiv nach einem Käufer gesucht, vielmehr sind die Investoren von Tiger Global auf uns zugekommen. Da man dort bereits neun Jobbörsen im Ausland betrieb, sahen wir im Verkauf ziemlich schnell auch grosse Chancen für uns und wir profitierten auch sehr von deren Erfahrungen. Ihnen und uns war aber von Anfang an klar, dass wir hier in einem Geschäftsfeld sind, wo es sehr auf die Menschen ankommt. Deshalb hat man uns grosse Freiheiten gelassen und wir haben weitergemacht wie zuvor und auch am Management nichts geändert. Das war für uns wichtig, konnten wir doch unseren Stil beibehalten. Insofern hat sich wenig geändert. Aber wir haben viel gelernt, wohl auch, weil Tiger Global zwar das Marktwachstum strategisch umgesetzt hat, aber nicht darauf aus war, möglichst hohe Gewinne abzusaugen. Man hat uns stattdessen trotz der damals gerade beginnenden wirtschaftlichen Krise grosse Freiheiten gelassen, auch um weiter Innovationen etwa in Form von neuen Produkten und Dienstleistungen umzusetzen. Intern ist so beispielweise unser Telesales-Center aufgebaut worden, wo sich heute 18 Mitarbeiter nur um den Inserate-Verkauf bei Kleinunternehmen kümmern.
Und niemand hat Sie zur Expansion etwa ins Ausland gedrängt?
Als Web-Unternehmen sind wir ja eigentlich per se schon international aufgestellt. Aber es stimmt schon, die Investoren wollten, dass wir nach Deutschland gehen. Uns war aber klar, dass wir das ohne die richtigen Leute und die nötigen Systeme nicht schaffen können. Anders war es mit Österreich. Da gehörten uns bereits einige Domain-Namen (z.B. jobs.at) und wir mussten einfach nur den Mut haben, in den dortigen Markt einzusteigen. Dabei sind wir dann auch ganz opportunistisch vorgegangen, was in Deutschland nicht möglich gewesen wäre.
Mark SandmeierWas ist der Schlüssel zum Erfolg für Ihr beeindruckendes Wachstum?
Das ist ein ganzer Schlüsselbund! Das wichtigste ist vielleicht die Fähigkeit, Mitarbeiter zu motivieren. Man muss als Dienstleister ein gutes Team beieinander haben. Es kommt also auf die Menschen an, die zusammen arbeiten. Um das zu erreichen, bringt es nichts, wenn einer betonen muss, dass er der Chef ist. Wenig hilfreich ist auch, wenn man sich als Manager versteht, der auf die Zahlen und Kontrolle fixiert ist. Mir ist es wichtig, die emotionalen Bereiche zu betonen, denn wir sind nun mal alle Menschen. Und diese Einstellung hat sich bisher sehr bewährt.
Was heisst das konkret?
Neben den natürlich nötigen fachtechnischen Kenntnissen sollte der Mitarbeiter, so wie er ist, im Vordergrund stehen. Seine Eigenverantwortung und sein Mut zur Entscheidung, die er im privaten Leben ständig unter Beweis stellen muss, kann er doch nicht, wenn es an die Arbeit geht, aufgeben. Mich freut es deshalb, wenn jemand mitzieht, um das Ganze vorwärts zu bringen. Aber das ist ja noch kein Wert an sich. Vielmehr muss auch Kritik möglich sein und ein Mitarbeiter sollte sich auch auf die Hinterbeine stellen können, wenn er an einer Aufgabe oder einem Projekt zweifelt. Wir leben eine solche offene Kultur nun seit Bestehen der Firma und sind damit immer gut gefahren, wie man auch an den Zahlen sieht.
Wird sich das nach der jüngsten Übernahme nun ändern?
An der Art wie wir unsere Mitarbeitenden führen und mit unseren Kunden und Partnern arbeiten wird sich kurz- und mittelfristig nichts ändern. Wir werden sicherlich das grosse Investment seitens der neuen Inhaber spüren, aber das kennen wir vom Verkauf Mitte 2007 auch schon. Wir werden durch die neuen Besitzer und deren Möglichkeiten als die beiden grössten Medienhäuser der Schweiz, an Ressourcen, Ideen und Themen herankommen, welche uns weiterbringen.
jobs.ch war von Anfang online orientiert. Welche Rolle werden Social Media in Zukunft für die Stellensuche spielen?
Das ist gewissermassen unser Kerngeschäft, wenn man wie wir Social Media als aktives Netzwerken versteht. Aber wir unterscheiden hier genau zwischen Business und Privat. Ob der Sprung etwa auf Facebook gelingen kann, wissen wir derzeit nicht und zweifeln noch daran. In den privaten Netzwerken herrschen ganz andere Spiegelregeln als auf Business-Plattformen. Und bekanntlich kooperieren wir da beispielsweise schon seit 2008 mit Xing. Das hat sich sehr bewährt. Aus dieser engen Zusammenarbeit haben wir viel gelernt und zwar in jeder Hinsicht und keineswegs nur in Sachen Inserate-Verkauf. Man braucht hier jede Menge Erfahrungen und wiederum die richtigem Mitarbeitern, um erfolgreich in solchen Netzwerken unterwegs zu sein.
Welche Innovation haben Sie bei jobs.ch geplant?
Ich möchte da nicht zu sehr ins Detail gehen. Ausserdem rede ich nicht gern von Innovationen, sondern lieber von Produktideen. Aber wir entwickeln uns natürlich ständig weiter und bauen bestehende Prozesse aus. Wir haben beispielsweise eine eigene Arbeitsgruppe für Social Media, die zum Beispiel auch nach der richtigen Ansprache der User mit unseren Anliegen in privaten Netzwerken sucht. Bei jeder Produktidee fokussieren wir aber immer unser Kerngeschäft. Am Ende muss jede Idee, die wir realisieren, dazu beitragen, den Umsatz zu verbessern – dann ist es für uns auch eine Innovation! Wir haben immer schon lange Listen mit Ideen gehabt. Aber die richtige auszuwählen, richtig umzusetzen und zu implementieren, ist das eigentliche Können.
Geht jobs.ch strategisch in Richtung Fokussierung oder Diversifikation?
Wie Sie wissen gehören zu jobs.ch heute schon 13 Plattformen wie jobup.ch, topjobs.ch, jobs4sales.ch, ingjobs.ch, ictcareer.ch, medtalents.ch, jobs4finance.ch, stellen.ch oder alpha.ch. Neue Plattformen werden in nächster Zeit kaum hinzukommen. Auf Dauer dürfte diese Zahl eher wieder etwas schrumpfen.
Was machen Sie am liebsten, wenn Sie das Büro verlassen haben?
Ich verbringe viel Zeit mit meinen Kindern. Aber es gibt für mich eigentlich keine Tabus Mark Sandmeierzwischen den beiden Welten Familie und Firma. Wenn wir beispielsweise neue Projekte aufgleisen, dann nehme ich mir auch die nötige Zeit dafür. Aber das gilt natürlich auch umgekehrt. Geändert hat sich inzwischen aber, dass ich heute die Abenden auch mal gerne mit der Familie verbringe und nicht mehr nur mit anderen Firmenchefs.
Was würden Sie als „super“ Ferien bezeichnen?
Mobile Ferien. Also beispielsweise mit der Familie unterwegs zu sein, um ein Land kennenzulernen.
Vielen Dank für das Gespräch.

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