Stress, psychische Belastung, Burnout – mentale Gesundheit ist längst kein Privatthema mehr, sondern eine zentrale Herausforderung für Unternehmen. Wenn ein Viertel aller Erwerbstätigen (Studie von SRG und gfs.bern) sich durch die Arbeit Burnout-gefährdet fühlt, was bedeutet das für Arbeitgeber? In einem unserer Webinare haben wir darüber gesprochen, und zwar mit den beiden Mental-Health-Experten Remo Gubler und Fabian Kraxner.
Mentale Gesundheit am Arbeitsplatz: Mehr in der Webinar-Aufzeichnung.
JobCloud: Mai ist Mental-Health-Awareness Month. Dazu gleich die Frage: Geht’s den Leuten wirklich so schlecht?
Remo Rubler: In der Schweiz hat rund ein Drittel der Bevölkerung in den vergangenen zwölf Monaten psychische Probleme erlebt oder leidet unter emotionaler Erschöpfung. Die Folge ist, dass die Zahl der psychisch bedingten Fehltage und Fälle von Arbeitsunfähigkeit drastisch zunimmt. Besorgniserregend ist auch die oft lange Dauer solcher Ausfälle. Die Frage, ob es den Menschen psychisch so schlecht geht, lässt sich daher mit Ja beantworten. Problematisch dabei ist, dass man psychisches Probleme in vielen Fällen nicht erkennt.
Fabian Kraxner: Ein Drittel aller Erwerbsunfähigkeiten in der Schweiz sind auf psychische Erkrankungen zurückzuführen – bei Jugendlichen ist es sogar rund die Hälfte. Eine beeinträchtigte psychische Gesundheit hat erhebliche Auswirkungen für das körperliche und geistige Wohlbefinden. Umso wichtiger ist eine proaktive Gesundheitsförderung. Mentale Gesundheit sollte ein fester Bestandteil der täglichen Gesundheitsroutine sein.
Die eigene psychische Gesundheit ist eigentlich etwas Persönliches. Warum betrifft die Mental Health der Mitarbeitenden aber dennoch den Arbeitgeber?
Remo Rubler: Die Antwort ist relativ einfach: Psychische Erkrankungen verursachen für Unternehmen enorme Kosten. Deshalb sollten sich Arbeitgeber viel stärker um die mentale Gesundheit ihrer Mitarbeitenden kümmern. Zudem sind psychische Probleme nicht immer rein privater Natur. Wenn Menschen über längere Zeit unter Stress stehen oder sich ausgebrannt fühlen, hängt das oft mit den Arbeitsbedingungen zusammen. Dabei geht es nicht nur um Arbeitsmenge oder -zeiten, sondern auch um sogenannte weiche Faktoren – etwa fehlende Wertschätzung, geringe Mitgestaltungsmöglichkeiten, mangelhafte Kommunikation oder ein unfaires Verhalten.
Wie kann ein Unternehmen Personen erkennen, die gefährdet sind?
Remo Rubler: Das ist eine grosse Herausforderung – denn die Betroffenen selbst erkennen ihre Situation oft nicht oder erst viel zu spät. Umso wichtiger ist es, Anzeichen frühzeitig zu erkennen und betroffene Mitarbeitende zu schützen. Drei zentrale Warnsignale für ein drohendes Burnout sind: emotionale Erschöpfung, Zynismus und Negativität sowie ein spürbarer Leistungsabfall. Diese Symptome entwickeln sich meist schleichend. Spätestens dann sollten im Unternehmen die Alarmglocken läuten.
Wann ist der richtige Zeitpunkt, als Unternehmen zu reagieren, wenn jemand Anzeichen eines Burnouts zeigt?
Fabian Kraxner: Einen exakt festgelegten richtigen Zeitpunkt gibt es nicht. Entscheidend ist, dass Unternehmen das Thema überhaupt ernst nehmen und frühzeitig präventiv handeln. Das gelingt nur mit konkreten, regelmässigen Grundaktivitäten, etwa mit gelebter Wertschätzung über alle Hierarchiestufen hinweg, dem Aufbau eines sinnstiftenden Arbeitsumfelds und der gezielten Förderung sozial kompetenter Führungskräfte.
Der 12-Stufen-Burnout-Prozess nach Freudenberger und North.
Die Slides des Webinars als pdf finden Sie hier:
webinar-mental-health-may-2025
Was sind die zwölf Phasen eines Burnouts? Wer sollte im Unternehmen bei Anzeichen psychischer Belastung reagieren? Wie gelingt wirksame Prävention im Unternehmen?