Was Performance-Management mit der Titanic gemeinsam hat – ein Fall aus der Praxis

Messzahlen für Performance Management


Wissen Sie, was man unter dem Begriff Performance-Management versteht? HR-Fachbücher beschreiben wie folgt: Unternehmen richten die Strategien und Ziele auch nach der Leistungserbringung aus. Nur, wenn diese in Einklang stehen, spricht man von einer guten Performance. Dies beinhaltet auch die optimale Entfaltung des Mitarbeiter-Potentials.
Dass es beim Performance Management in vielen Unternehmen noch Verbesserungspotenzial gibt, erlebe ich als externer HRM-Coach immer wieder. Erfahren Sie hier, wie ich vor einigen Jahren eine Stiftung aus dem Kanton Luzern mit mehr als 110 Arbeitsplätzen in diesen Human Resource Prozess begleitete, und was Sie darüber für Ihr Unternehmen lernen können.

Zahlen, Daten, Fakten im Human Resource Management

Die Ausgangslage: Der Stiftungsrat des betroffenen Alters- und Pflegeheims gab dem Heimleiter den Auftrag, in den kommenden Monaten ein performance-orientiertes System aufzubauen. Das Denken in wirkungsorientierten Zahlen wurde zunehmend gefordert. Ein externes Consulting-Unternehmen machte sich an die Ausarbeitung sogenannter Ursachen-Wirkungsketten. Hier wurde u.a. auch die logische Verbindung zwischen den eingesetzten menschlichen Ressourcen (Human Resources) und den erzielten Wirkungen sachlich dargestellt. Völlig in Vergessenheit geriet dabei der eigentliche Lernprozess, den diese Art Performance-Management-Konzept bei den Mitarbeitenden auslöste. Wie so oft zählten auch hier nur die Daten, Zahlen und Fakten. Ganz unbemerkt stieg parallel die Fluktuation. Schleichend nahm die Absenzenrate zu; erst mit Kurzzeitabsenzen an Freitagen und Montagen, dann folgten immer mehr Langzeitabsenzen, meist Erschöpfungsdepressionen, die mehrmonatige Ausfälle nach sich zogen.
Die externen Berater richteten ihr Hauptaugenmerk auf die Situation der Stiftung als Gesamt-Unternehmen aus – ohne Fokussierung auf einzelne Geschäftsbereiche. Das übergeordnete Ziel, welches der engagierte Stiftungsrat vorgegeben hatte, war es, die Gesamtleistung zu verbessern.

Human Resource Management und Performance – zweiäugige Zwillinge?

Nachdem die Ablaufprozesse neu definiert waren, gab man den Bereichsleitenden neue Instrumente in die Hand. Selbst völlig überfordert von den betriebswirtschaftlichen Ansätzen wie Werteorientierung, Performance, Risikomanagement, Kapitalkosten oder Return on Investment, erhielten sie nun noch den Auftrag, die Mitarbeitenden rasch ins Boot zu holen.
Der Heimleiter versicherte, alles im Griff zu haben. Während die Prozessberater auf einer sachlichen Ebene ihre fundierten Ansätze umsetzten, wurde zusätzlich eine Mitarbeiterumfrage gestartet. Die Ergebnisse waren erschreckend. Die bestehende Mitarbeitergesprächskultur wurde als veraltet und sinnloses Instrument bewertet. Auch die zukunftsbasierenden Absichten wurden verteufelt. Es stellte sich heraus, dass die Mitarbeitenden sich überrollt fühlten.

Performance Management – zuerst auf Führungsebene

Nun hiess es, die Führungskräfte fit zu machen – fit für das Thema „gesundes Führen“, denn nun fielen die vermehrten Absenzen ins Gewicht. Viel zu spät erkannte die Stiftung, dass neben den fachlich herausragenden Prozessbegleitern ein Human Resource Management-Coach eingesetzt werden muss.
Zu diesem Zeitpunkt wurde ich als HRM-Coach angefragt. Der Verwaltungsrat formulierte kurz und bündig meinen Auftrag „Sie zeigen den Führungskräften, wie sie die schlummernden Potenziale der Mitarbeiter entfalten“. Also: Performance Management musste her. Mir wurden die bestehenden Human-Resource-Management-Instrumente zur Durchsicht übergeben. Sofort fiel mir auf, dass die Mitarbeitergesprächsformulare weder klare Ziele noch Potentialfragen enthielten. Die Führungskräfte kamen selbst mit dem Formular nicht zurecht. Die Widerstände der Führungskräfte zum Instrument selbst spiegelten sich 1 zu 1 in der Haltung der Mitarbeitenden wider. Teilweise erschienen sie nicht zu den Gesprächen oder weigerten sich, die Formulare zu unterschreiben.

Die harten Faktoren sind stets die weichen – besonders im Human Resource Management

Ich analysierte die jährlichen Auswertungen der Performance Interviews. Es fiel auf, dass die Informations- und Kommunikationspolitik gegenüber den Mitarbeitenden als sehr schlecht beurteilt wurde.

Der Eisberg im Performance-Management

Zu diesem Zeitpunkt bat ich den Verwaltungsrat um ein Gespräch. Ich zeigte ihnen den Performance-Management-Eisberg auf. Wir wissen ja alle, dass bereits die Titanic am unsichtbaren Teil des Eisbergs scheiterte – die unsinkbare, grossartige Titanic. Je nach wissenschaftlicher Erhebung liegen zwischen 10 und 15 Prozent eines Eisberges über der Wasserfläche. Übertragen wir dieses Bild auf ein Unternehmen, so sind das die Zahlen, Auswertungen, Statistiken – das klar Fassbare.  Aber was ist mit den mehr als 80 Prozent, die unter dem Wasser liegen? In einem Unternehmen sind dieses die weichen – entscheidenden – Faktoren, wie Kultur, Moral, Ethik, Bedürfnisse, Menschlichkeit, Befindlichkeiten, Rituale, Kommunikation, Information, Wertschätzung, Gesprächskultur, Führungsstil etc. (Human Resource Management). Und um genau diese muss es bei einem erfolgreichen Performance Management gehen.
Die Spitze des Eisbergs wurde vorbildlich und nach allen Regeln der Kunst durch die Berater begleitet. Der Verwaltungsrat zeigte sich beruhigt. Nun aber stellte ich dem Verwaltungsrat die Frage, wie das geforderte Performance Management wachsen könne, wenn das Human Resource Management stiefmütterlich behandelt wurde.

Was bedeutet Performance-Management in diesem Unternehmen?

Im Fall des Alters- und Pflegeheims ist es das menschliche Potenzial aller Mitarbeitenden, welches bisher noch nicht entdeckt gesp. gefördert wurde. Das Potenzial, welches das Unternehmen in seiner Zielerreichung weiterbringt. Menschen machen Firmen erfolgreich. Schlüsselpersonen sind für mich die Führungskräfte. Und immer, wenn Gesamtergebnisse zählen, ist jeder einzelne Mitarbeiter wichtig, d.h., die Leistungsbereitschaft und die Leistungsfähigkeit.

Kennzeichen, Wirksamkeit, Controlling versus Wollen, Können, Dürfen der Mitarbeiter

Die Aufgaben der Geschäftsleitung und der Führungskräfte müssen parallel dazu greifen. Sie sollen als Vorbilder fungieren, die ihre Mitarbeiter steuern, motivieren und begleiten. Erst durch diese Orientierung kann Performance Management erreicht werden. Die Führungskräfte müssen erlernen, Potenziale zu erkennen und sie zu fördern. Das Motto der Berater lautete jedoch: „Steigerung der Leistungsmenge pro Zeiteinheit durch Optimierung der Prozesseffizienz“.

Leistung oder Potential, was ist wichtiger?

Im vorliegenden Fall mussten die Führungskräfte befähigt werden, das Potenzial ihrer Mitarbeiter zu erkennen und zu entwickeln. Dabei ist der Unterschied zwischen Leistung und Potential wichtig. Die eindrückliche Eisberg-Metapher bewirkte beim Verwaltungsrat eine Kehrtwende im Denken und Handeln. Sie verlangsamten den externen Consultingprozess und implementierten einen überdachten, angepassten Performance-Management-Prozess. Heute laufen beide Prozesse parallel, greifen wie ein Zahnrad ineinander. Das Leitbild wurde angepasst – die HR-Prozesse im Bereich Personalentwicklung folgten. In jedem Mitarbeitergespräch ist das Performance-Management ein integrierter Bestandteil, der Massnahmen auslöst. Erste Erfolge sind spürbar. Die Fluktuation ist drastisch reduziert worden, und eine Leistungssteigerung wird menschlich angepasst integriert.
Überdacht greifen nun bestehende Prozesse in der Ablauforganisation und im Performance-Management ineinander. Die Mitarbeiter gewöhnen sich an die neue Denk- und Handlungsweise, die durch angepasste HR-Instrumente und durch das klare Vorleben der Führungskräfte gestärkt werden.

Abschliessender Praxistipp:

Stehen Sie vor ähnlichen Herausforderungen? Hier erste Impulsfragen, die Führungskräfte sich zu diesem Thema stellen können

  1. Welche Persönlichkeitsmerkmale zeigt der Mitarbeiter, welche mit unserem (Firmen-)Verständnis von Performance übereinstimmt?
  2. Wie und durch was zeigt der Mitarbeiter sein wirkliches Interesse an dem Unternehmen, an seiner Funktion?
  3. Wie zeigt er seine Motivation, die jetzige oder eine andere Position auszufüllen?
  4. Welche leistungsrelevanten Situationen hat er in der Vergangenheit für das Unternehmen überzeugend gemeistert?
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